Bisher wurde alles mit dem Auto erledigt. Wei Siang fährt auch schon mal mit dem Roller zu seinem nahe gelegenen Büro. Unser EU-Führerschein gilt in Taiwan nicht für Privatwagen. In der Garage steht nur ein Klappfahrrad. Doch wir wollen ins Zentrum des Stadtteils.
Also gehen wir zu Fuß. Ist ja nicht weit. Rita und ich gehen mit der Karte im Handy los. Beginnend bei den bekannten Feldern verlassen wir unsere aufgeräumte Straße.
Diesen Weg würden wir nie mit dem Auto nutzen. Interessanter ist er auf jeden Fall. Klar, wir sind die einzigen, die in der Mittagssonne zu Fuß unterwegs sind, Europäer eben.
Wir überqueren den Bahnübergang und nach weiteren 500m beginnt die Stadt. Immer mehr als ein Auge auf den den Straßenverkehr.
In der Stadt ist alles sehr unübersichtlich. Auf dem Plan ist ein Einkaufszentrum vermerkt. Dieses stellt sich als Zusammenballung kleiner üblicher Geschäfte. Wir brauchen keine Bettwäsche, schon gar nicht bei dieser Hitze. Haushaltswaren wie Gummischläuche ebenso wenig. Also ziehen wir weiter.
Der plötzlich aufgetaucht Tempel ist nicht geöffnet. Ich hätte sonst gerne etwas von meinem inneren Ballast abgeworfen…
In einem „7 Eleven“ finden wir das gesuchte USB-Ladegerät mit dem richtigen Stecker und eine Trippel-Ladekabel. Nur ist das im Regal gegen Diebstahl gesichert. Wie sagt man nun dem Mann hinterm Tresen, was wir brauchen? Und die Auswahl ist ist schon beeindruckend für so einen kleinen Laden.
Zum Glück hatte uns Mama Chao einen mobilen Translator ausgeliehen. Also spreche ich meinen Wunsch auf und spiele die Antwort dem Verkäufer vor. Sofort prescht dieser los und ich zeige auf die entsprechenden Produkte.
Die kalten Getränke (einmal Kaffee mit Milch und einmal ohne) können wir zum Glück so aus den Kühlschränken fischen. Vieles ist auch in Englisch beschriftet.
In einer Bäckerei können wir verschieden Backwaren aus dem Regal in ein Körbchen legen. Alles ist einzeln eingepackt. Das zum Kaffee am Nachmittag und morgen zum Frühstück gedacht. Das Auswählen erfordert schon etwas Fingerspitzengefühl, denn oft sind Backware sehr herzhaft und schnell auch fleischlastig.
Mit unseren Trophäen kommen wir auf dem Rückweg noch bei dem einen oder anderen Wahlplakat oder etwas seltsamen Laden vorbei.
Unser Schwiegersohn ist ganz entsetzt, dass wir zu Fuß zum einkaufen in der Stadt waren. Tja, immer diese Deutschen….
Jutta
Das mit den „doofen Deutschen, die zu Fuß gehen“ habe ich auch in den USA kennengelernt. Bei einem Spaziergang hat eine besorgte Frau im Auto angehalten und uns gefragt ob alles in Ordnung ist oder ob sie uns helfen könnte. Ohne Worte….
Ingrid
Martin, nachdem was Du schreibst, gibt es in Taiwan weniger Aufmerksamkeit für Umwelt- und Energiefragen, die uns hier gerade so sehr beschäftigen. Ich fände es interessant, auch dahingehend einen Einblick zu bekommen. Vielleicht magst Du Wei Siang auch mal befragen, wie sich die Drohungen aus China für ihn und seine Angehörigen anfühlen.
Liebe Grüße vom Wannsee an das Privatbotschafter Team
Ingrid
Martin
Im Moment sind wir fast nur mit Hanna und Wei Siang zusammen. Am kommenden Wochenende werde ich ausreichend Zeit haben, mit anderen ausgiebiger darüber zu sprechen.
Grundsätzlich ist Energie (Wasser und Strom sowie Benzin) deutlich preiswerter als bei uns. Taiwan produziert den meisten Strom über Kohle- und Gaskraftwerke.
Um die 20% wird durch Atomkraft erzeugt.
Über die Atomkraft gab es vor 4 Jahren eine Abstimmung (initiiert durch die DDP-Regierung). Dabei war eine deutliche Mehrheit der Bevölkerung gegen einen Ausstieg.
Es kommt in den Spitzenmonaten immer wieder zu Stromausfällen. Auch deshalb hat fast jeder einen Edelstahltank für Wasser auf dem Dach.
Der Müll wird in drei Gruppen getrennt: Recycle-, Bio- und Restmüll.
Plastikstrohhalme z.B. sind schon verboten, es gilt noch eine Übergangsphase.
Der Alltag produziert jedoch sehr viel Abfall. Das liegt auch etwas an den hohen Temperaturen. Sie machen einen anderen Umgang mit Lebensmittel erforderlich und die Bedürfnisse unterscheiden sich zu denen in Mitteleuropa.
In vielen Bereichen ist Taiwan eines der fortschrittlichsten Ländern Asiens. Im Bereich der Gleichberechtigung, im Zusammenleben der Geschlechter und Ethnien ist es auch schon mal Vorreiter.
Nur macht eine Woche Aufenthalt mich zu keinem Taiwan-Kenner.
Also, dies ist alles nur durch meine kleine Brille zu verstehen.
Soweit der Bericht des Privatbotschafter-Team.
Frank
Zu Fuß geht in der fremden Stadt ist immer gut. Man sieht mehr, man erlebt mehr.
Sieht nett, asiatisch und tropisch aus.
Weiterhin viel Freude und Entdeckermut.
Herzliche Grüße
Frank