Der halbe Kaohsiung Marathon

In Taiwan gibt es nicht so viele Laufveranstaltungen, meist nur größere und die Anmeldephasen sind weit im Voraus. Bei dem Kaohsiung Marathon hatte ich mich schon im Juli für ‚den Halben‘ angemeldet.
Mittlerweile bin ich Großvater, Kind und Eltern haben sich noch für 3 Tage im Krankenhaus zum ‚Kennenlernen‘ eingemietet. Das machen die meisten so und hat ja auch einige Vorteile.

Kaohsiung ist die zweitgrößte Stadt Taiwans und südlich von Tainan. Da der Start für die 21,1km bereits um 6:00 stattfinden wird, musste also ein Hotel her. Mit dem Stadtplan vor mir buchte ich vor Monaten über einen weltweiten Anbieter ein preiswertes Zimmer in scheinbarer Nähe von ca. 2km zum Sportstadion.

Am Samstag vor dem Lauf fahren wir mit einem Expresszug für ein paar Euro von Shanhua in Richtung Kaohsiung. Da wir keine Platzreservierung haben, müssen wir stehen, also wie in Deutschland. Mit der MRT, einer Mischung aus U- und S-Bahn geht es dann eine Station zum World Sport Station. Die MRT ist recht leer, alles ganz entspannt. Dank unserer geladenen Guthabenkarten brauchen wir nur die jeweiligen Schranken passieren. Das ist in Taiwan total easy. An jeder Schranke wird das Guthaben angezeigt, beim Verlassen auch der abgezogene Fahrpreis.

Große Plakatwände informieren am Stationsausgang mit Lageplänen. Endlich mal kein Übersetzungsproblem. Vor dem Station sind schon Türme an der Startlinie aufgebaut. Der Verkehr fließt jedoch normal. Das Stadion macht von der Architektur echt was her.

(C) wikipedia
(C) wikipedia

Die Doppelreihe Stände auf dem Weg zum Eingang sind jedoch noch verweist. Lediglich ein Zelt von Brooks ist besetzt. Die hatten ja auch Rabattgutscheine angekündigt. Die Ausgabe der Startunterlagen ist im oberen Bereich des Stadions durch die Bauweise am Hang barrierefrei zu erreichen. Geschickt gelöst.

Da nun keine besondere Messe stattfindet, beschließen wir uns in Richtung Hotel zu bewegen. Leider ist es an diesem Nachmittag sehr warm. Es fahren unterschiedlichste Busse vorbei. Doch wohin fahre sie? Mein elektronischer Stadtplan kennt diese Liniennummern, doch es sind so viele rote Linien im Plan, da blicke ich auf die Schnelle nicht durch. In dem ersten 7/eleven frage ich nach einem Taxi. Die Menschen sind hier sehr freundlich und hilfsbereit. Der Verkäufer geht mit mir an einen Automaten, wandert durch das Menü und bestellt ein Taxi. Ich bin baff. Leider kommt die Meldung, es sei in den kommenden 10 Minuten kein Taxi in der Gegend verfügbar. Die Wiederholen-Taste erkenne ich und drücke, doch auch nach mehreren Minuten immer die gleich Meldung. Na gut, dann eben zu Fuß weiter.

Wir sind scheinbar in einer ‚Neukölln‘-Gegend in Kaohsiung. Es stinkt fast überall, ist deutlich schmutziger und die Häuser ziemlich abgeranzt. Und es ist warm, sehr warm und es riecht sehr. Wir stoppen ein Taxi, doch der Fahrer schüttelt den Kopf als er die Adresse in lateinischen Buchstaben sieht. Warum habe ich nicht die Adresse in chinesischer Schrift mitgenommen? Er fährt weiter. Es sind ja bloß noch 15 Minuten Fußweg. Irgendwann stehen wir an einem kleinen Park und nach einer Umrundung finden wir einen Garagenhof, ich habe mich in ein Motel eingebucht. Nicht schlimm? Doch, es sieht genauso wie die Gegend vorher aus. — Ok, wieder was dazugelernt.

Abends gehen wir etwas Essen, auch ein Reinfall. Es scheitert mal wieder an den fehlenden Bildern und unserer fehlenden Schriftkenntniss. Englisch ist hier immer noch eine fremde Sprache. Also gehen wir in einen Taiwan-Burger.

An der Rezeption schreibe ich ‚ Taxi 05:10 ‚ auf einen Zettel und hoffe morgen ein Taxi zu der Zeit vorzufinden.

Am nächsten Morgen, es ist noch stockdunkel, kommt tatsächlich eine Taxe und meine Ansage ‚World Stadion – Marathon‘ wird freudig aufgenommen. Keine 10 Minuten später steige ich an der Straßensperre am Stadion aus.

Es sind schon viele Läufer auf ihren Beinen. Kein Wunder, die Marathonis starten um 5:30. Ich ziehe meine Sachen aus und gebe in einer sehr kurzen Wartereihen meinen Beutel ab. Es geht hier viel ruhiger, ohne Drängeln und auch flotter zu.

Von hinten gehe ich in den Startbereich und schon fällt der Startschuss – für die Marathonis. Mein Startblock ist H. Ich gehe immer weiter nach vorne. Es gibt keine Absperrbänder zwischen den Blöcken. Es herrscht totale Disziplin. Die Helfer am Rad mit ihren Blockschildern rücken gelassen vor, die Läufer folgen. Beeindruckend. Auf der Bühne an der Startlinie, weit von mir entfernt läuft das übliche Programm, ohne das ich irgendwas verstehe. Langsam setzt die Dämmerung ein und auch meine Uhr sagt mir nur, es ins gleich soweit. Irgendwann wird auf chinesisch und englisch runter gezählt und es geht los. Und schon ist alle Disziplin vergessen, es wird eng. Also doch wie überall. Obwohl wir über 6 Fahrspuren starten, staut es sich rasch. Warum bin ich nur am Ende von Block H stehen geblieben?
Alle Pacemaker starten in der zweiten Reihe in ihrem Tempo und so überhole ich die 2h30m-Läufer.

Mit jeder Straßenkurve wird es heller und das Feld weiträumiger. Nach 3 km unterlaufen wir eine Fußgängerbrücke. Die Gegend kommt mit bekannt vor und tatsächlich, hier sind Rita und ich letztes Jahr zum See und den Pagoden gegangen.

Es wir immer wärmer und so langsam freue ich mich auf dem zweiten Verpflegungsstand. KM5 bietet auch schon das erste Essen an.

Bei 7,5 km wird das Angebot schon deutlich umfangreicher. Ich probiere einen Streifen frittierten Oktopus. Die anderen Sachen lasse ich mal lieber liegen.

Bei KM10 machen wir die erste Kehre in Richtung Ziel. Es wird immer wärmer und alle auf der Straße suchen den Schatten.

Bei KM11 kommen die ersten Marathonis zu uns dazu. Sie haben auch eine eigene Spur. Sie werden uns fast bis zum Ziel begleiten.

An einer Brücke über einen größeren Fluss bleibe ich stehen und schaue mir den ruhigen Morgen an. Ein beeindruckendes Panorama.

Es geht immer gerade aus und an einer großen Kreuzung bin ich der letzte Läufer, bevor die Polizei den Laufstrom anhält und kurz die Wartenden im Querverkehr durchlässt.

Irgendwann gelangen wir auf ein Militärgelände.

Es scheint etwas mit der Marine zu verbinden, und richtig, es ist es.

Die Wärme ist anstrengend und Kräfte zehrend. Hoffentlich sind wir bald da. Kurz vor dem Stadion müssen die Marathonis noch mal fast 7 km auf eine Extrarunde. Bin ich froh! Für mich ist bald Schluss.

Es sind nur dreihundert Meter ins Stadion zu laufen. Ich möchte nur noch ins Ziel.

Dann ist es geschafft! Die 21,1km liegen hinter mir. Nach der Ziellinie gibt es eine Medaille und ein größeres Handtuch. Die Sonne knallt und blendet. Schnell weg hier. Nach einer kurzen Pause den Chip angegeben, 100 NT$ angenommen und ab in die Unterwelt.

Wie das dort organisiert ist, ist schon beeindruckend! Jeder Block wird an meiner Startnummer abgehakt: Refreshment-Tüte, Getränk und eine Essenskiste. Anschließend gehe ich hoch zur Tribüne und schaue den anderen Einlaufenden zu.

Die Strecke war interessant, zum Glück der Teil über das Militärgelände auf den letzten fast 3 km im Schatten.

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3 Kommentare

  1. Bärbel Otto

    Lieber Freund .. danke für die schönen Bilder und Berichte, so war ich mit bei der Reise . Die kleine hübsche Familie und auch den riesigen Anhang anzusehen.Nun ist die Zeit fast vorbei .. Hanna dann für 4Wochen alleine tagsüber.. es wird eine Umstellung ..Dann gute Heimkehr ..ihr werdet auch sehnsüchtig erwartet .. Alle freuen sich …( auch ich ) mit lieben Grüßen Bärbel

  2. Jürgen Trinkwald

    Herzlichen Glückwunsch, Martin.
    Wirklich ein schöner Bericht, wie auch die anderen Reiseberichte.
    Schade, dass Du nicht die Startnummer 33333 hattest. Wäre noch cooler gewesen.
    Und die Zeit von 2:19 ist für einen „alten Mann“ doch respektabel.;-)
    Viele Grüße aus dem verregneten Sauerland.

    Jürgen (Trinki)

    • Ja, die Startnummer 33333 wäre wirklich ein Top gewesen!
      In Taiwan sind die AKs in 10 Jahren festgelegt. Ich war also in der vorletzten.

      Doch glaube nicht, dass das so einfach ist nach vorne zu kommen, trotz parallelem Marathon. Auch hier gibt es so alte ‚Platzhirsche‘, die den HM in unserer AK unter 1h30m laufen.
      Ich weiß bloß nicht, wie die bei diesen Wetterverhältnissen trainieren.

      Ich wünsche dir eine trockene Zeit.
      Martin